Matteo Viola ist seit fast 15 Jahren hauptsächlich auf der Challenger Tour unterwegs, kennt die Tenniswelt also mit allen ihren Höhen und Tiefen. Matteo ging letztes Jahr noch für Rosenheim auf Punktejagd und war mit den Bayern auch im Kurpark zu Gast. Die Atmosphäre scheint Eindruck auf den Italiener mit dem unkonventionellen Aufschlag gemacht zu haben, jedenfalls brennt Matteo darauf, diese Saison für das Lambertz-Team zu spielen.

Interview

Benvenuto Matteo und willkommen bei Kurhaus Aachen! Viele unserer Fans werden sich sicher noch an Dich erinnern als Du Dir letzte Saison ein unglaublich spannendes Match mit Vít geliefert hast. Kannst Du Deinen Spielstil denjenigen, die diesen Fight verpasst haben, nochmal beschreiben?
Ich versuche viel von der Grundlinie zu agieren, da solide zu sein und wenig Fehler zu machen. Nach Möglichkeit versuche ich auch, nah an die Linie zu kommen, um dem Gegner wenig Zeit zu geben.
Du spielst schon seit ein paar Jahren in der Bundesliga. Zuerst hast Du für Krefeld gespielt, noch bevor BW sich zum italienischen Team der Liga entwickelte. Nach ein paar Jahren Pause hast Du zuletzt für Rosenheim gespielt und nun bist Du bei uns angekommen. Was bedeutet Dir die Bundesliga? Gibt es in Italien etwas vergleichbares? Und warum hast Du in den Jahren 2015 bis 2020 nicht Bundesliga gespielt?
Für mich ist die Bundesliga die beste Tennisliga der Welt. Dementsprechend viel bedeutet es mir, hier spielen zu können. In Italien haben wir natürlich ebenfalls eine 1. Liga und auch da spiele ich sehr gerne, aber leider ist das Niveau im Moment nicht ganz so wie in der Bundesliga. Die Regeln sind allerdings auch ein wenig anders. Was die Jahre 2015 bis 2020 angeht, da hab ich in Iserlohn gespielt, allerdings war das in der zweiten Liga.
Wir haben das Match gegen Vit schon angesprochen, erinnerst Du Dich daran? So viele knappe Spiele, viel hin und her, so viele Bälle, die nur wenige Zentimeter übers Netz gingen und schließlich diesen Champions Tiebreak. 9-6 Führung für Dich, dann macht Vit fünf Punkte in Folge. Das Publikum vom Center Court strömte während des zweiten Satzes auch noch zu Eurer Partie, so dass Euer packendes Match auch von einer angemessenen Kulisse stattfand. Es soll hier natürlich nicht darum gehen, Salz in Deine Wunden zu streuen, aber trägst Du so eine Niederlage eine Weile mit Dir herum? Macht es das schwerer wenn man von der Tour gewöhnt ist, Niederlagen mit sich selbst auszumachen, aber in diesem Fall auch das ganze Team davon betroffen ist?
Klar erinnere mich an das Match. Ich hab eigentlich ziemlich gut gespielt, aber leider konnte ich es nicht über die Ziellinie bringen und das ist mir letztes Jahr einfach zu häufig passiert. Auf die Weise hab ich eine Menge Ranking Punkte liegen lassen. Wenn das für ein Team passiert tut es doppelt weh und dementsprechend enttäuscht war ich auch nach dem Match. Wenn ein Team mir sein Vertrauen schenkt, dann versuche ich mich noch professioneller als sonst zu verhalten und das Vertrauen mit starken Leistungen zurückzahlen.
Du scheinst uns die Niederlage jedenfalls nicht nachzutragen und tatsächlich gehörst Du jetzt zu unserem Team. Was hat Dich davon überzeugt, in unser Lager zu wechseln?
Ich wollte gern mehr spielen und die Zusicherung habe ich hier bekommen. Das Finanzielle stimmte, Meffi und Tim haben mir von der Stimmung erzählt, die ich ja auch schon selbst erleben durfte. Besonders haben mir auch die ganzen Menschen drumherum gefallen, egal ob Staff, Teammanager oder Trainer, ich denke hier werde ich mich wohlfühlen und dementsprechend leicht war es, mich für Aachen zu entscheiden.
Du bist ein Veteran der Challenger Tour. Von außen betrachtet sieht das aus als müsste das auf die Dauer ein sehr zehrender Lifestyle sein. Ständig fliegt man irgendwohin, wo man keinen kennt, man kann vielleicht nicht einmal seinen Coach mitbringen, weil das zu teuer würde und die Preisgelder decken so schon teilweise nicht mal die Reisekosten. Wie gehst Du damit um? Ist es möglich, ein kameradschaftliches Verhältnis zu den anderen Spielern vor Ort zu pflegen, vielleicht auch mal mit denen zusammen zu Abend zu essen, obwohl man als Gegner ins Turnier geht? Hast Du vielleicht sogar eine besondere Rolle und versuchst die jüngeren Spieler wo es geht ein wenig an die Hand zu nehmen?
Ich bin sehr glücklich, meine Passion zu meinem Beruf machen zu können, aber Tennis ist ein harter Sport und wir sind in der Tat viel allein unterwegs. Abseits der großen Turniere ist das alles noch schwieriger, aber ich versuche schon, viel Zeit mit den anderen Spielern zu verbringen. Wir Italiener flocken allerdings immer etwas zusammen. Dann ist es nicht so schwierig ist, unsere kulinarischen Vorstellungen unter einen Hut zu bringen.
Mit jüngeren Spielern zu arbeiten und sie zu unterstützen ist etwas, das ich sehr gerne nach meiner Karriere machen würde.
Dein größter Erfolg war wahrscheinlich Deine Qualifikation für die Australian Open 2012. In dem Jahr warst Du auch verdammt nah dran, Dich für Wimbledon zu qualifizieren. Da bist Du bis in die letzte Runde der Quali gekommen und hast Deinem Gegner über fünf Sätze alles abverlangt. Wie sind Deine Erinnungen daran? Wurden da Kindheitsträume wahr für Dich oder ist das gar nichts so Besonderes wenn man ein Major spielt, aber ’nur‘ auf einem der Außenplätze zum Einsatz kommt?
Die Grand Slams sind immer etwas ganz besonderes, ganz egal ob Du nun auf einem Show Court spielst oder auf einem der kleineren Plätze. Ich glaub, das ist der Hauptgrund, warum ich noch Tennis spiele. Bei den Australian Open ins Hauptfeld zu kommen war der schönste Moment meiner Karriere.
Dass ich mich in Wimbledon nicht qualifiziert habe war schade, aber ich hab da nichts zu bedauern. Ich hab damals wirklich alles auf dem Platz gelassen und am Ende hat es leider nicht gereicht. Ich hab aber auch sonst gute Erinnerungen an die Grand Slams und hab nicht nur bei den beiden Turnieren 2012 einige Runden gewonnen. Um den Einzug ins Hauptfeld habe ich allerdings bisher nur drei Mal gespielt.
Wenn man Dich beobachtet ist unweigerlich das erste, das auffällt, deine Aufschlagbewegung. Wie ist es zu dieser Bewegung gekommen und warum hast Du das nie verändert? Hat nicht jeder Coach versucht, Dich von den Vorzügen einer ’normalen‘ Aufschlagbewegung zu überzeugen?
Mein Aufschlag ist ganz sicher mein schwächster Schlag und ich hab meine Aufschlagbewegung auch immer wieder verändert, aber ich habe schon seit relativ jungen Jahren Rückenprobleme. Die Bewegung musste also rückenschonend und dennoch möglichst effektiv sein und diese Bewegung ist ein ganz guter Kompromiss. Als Jugendlicher hatte ich auch eine ganz normale Aufschlagbewegung, aber ich muss zugeben, dass ich auch damals niemanden mit meinen Aufschlägen vom Platz geschossen habe.
Weißt Du eigentlich, dass Du nicht der erste berühmte Venezier bist, der seine Aufmerksamkeit der Stadt Aachen schenkt? Giacomo Casanova hat sich in den 1760er Jahren hier eine Weile aufgehalten und das erzählt man den Touristen hier heute immer noch gerne. Wofür würdest Du hier gern in Erinnerung bleiben? Und hast Du noch Ziele für Deine Karriere?
Ich möchte einfach die letzten 1-2 Jahre meiner Profi-Karriere genießen und dann möchte ich in Erinnerung bleiben als ein guter Kerl, der um die Welt gereist ist, um Tennis zu spielen.
Vielen Dank für das Gespräch Matteo! Wir sehen uns in Aachen.

Statistik

Geb.-Datum: 7.7.1987
Geb.-Ort: Venedig
Nationalität: Italienisch
Größe: 1,88 m
Spielhand: Rechts
Profi seit 2004
ATP Rang: 434
ATP Beste: 118

Einzeltitel: 3 Challenger
Doppeltitel: 5 Challenger

Im Team seit 2022

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