Mit Yannick Hanfmann kommt ein Spieler zum Lambertz-Team, der hier in Aachen seine ersten Bundesliga-Erfahrungen sammeln konnte. Yannick bereitete sich am College in den USA auf seine Profikarriere vor. Als er 2016 nach Deutschland zurückkehrte schloss er sich zunächst dem Lambertz-Team an, kehrte dann allerdings zu seinem inzwischen in die Bundesliga aufgestiegenen Heimatverein TC Weinheim zurück. In der Weltrangliste ging es unterdessen mit kleineren Rückschlägen immer weiter nach oben.

Interview

Hallo Yannick, schön dass Du zurück beim TK Kurhaus bist. Du hast 2016 schon Mal eine Saison für uns gespielt. Worauf freust Du Dich am meisten bei Deiner Rückkehr nach Aachen?
Ich freue mich in erster Linie wieder erste Liga zu spielen, aber ich freue mich auch sehr, an meine alte Wirkungsstätte zurückzukehren. Ich hatte ein tolles erstes Jahr in Aachen. Ich war damals noch einer der Jüngeren und für mich war das noch Neuland, erste Liga zu spielen. Jetzt mal in der Perspektive des etwas erfahreneren Spielers zu sein wird auch spannend sein. Ich freu mich sehr auf die Zuschauer und hoffe dann natürlich auch ein paar Spiele auf dem Center Court zu machen. Aachen hat mir eh gut gefallen und ich hatte hier eine schöne Zeit. Da sind einfach viele gute Erinnerungen an die ich gern anknüpfen möchte.
Und dann freue ich mich auch auf das Team mit vielen vertrauten Gesichtern wie Tim Pütz. Auch Dominik Meffert ist ein guter Typ und ich denke unsere Truppe kann insgesamt eine gute Energie haben.
Und worauf dürfen sich die Zuschauer freuen, die Dich noch nicht kennen? Was für ein Spielertyp bist Du?
Ich spiele meist variantenreiches, recht aggressives Tennis, viel nach vorne, aber auch gern mal einen Stop, also eigentlich alles, was das Tennis so zu bieten hat. Das muss nicht immer alles klappen, aber ich versuche immer mein bestes zu geben und ich hoffe, dass ich die Zuschauer dann damit auch ein wenig unterhalten kann.
Die Tennis-Bundesliga kennst Du nicht nur aus Aachen, sondern auch aus Deiner Zeit in Weinheim. Was macht die Bundesliga für Dich besonders?
Ganz klar, ich liebe es im Team zu spielen. Ich hab bevor ich Profi geworden bin auch vier Jahre im College gespielt und das hat mich sehr geprägt. Aber auch sonst habe ich aus dem Teamgedanken immer viele positive Dinge für mich rausziehen können. Auf der ATP-Tour ist man im Vergleich dazu viel allein unterwegs, vielleicht mal mit Coach oder Physio und natürlich kennt man sich untereinander mit den anderen Spielern, aber am Ende ist es doch ein Einzelsport. Ich find das dann sehr schön, wenn man im Jahr auch Phasen hat, in denen man als Team fungieren kann. Das liegt auch voll in meinem Naturell. Ich liebe es im Team zu spielen und meine Teamkollegen anzufeuern.
Neben der Bundesliga hast Du mit Tennis als Mannschaftssport Erfahrung aus Deiner Zeit an der USC. Wie muss man sich das College Tennis vorstellen und welchen Stellenwert hat das in den USA im Vergleich zur Bundesliga hierzulande?
Das ist schon ein Unterschied. Zunächst Mal findet die Bundesliga nur in relativ kurzen Phasen statt während man im College über vier Jahre recht durchgängig zusammen spielt. Dann sind Deine Teamkollegen gleichzeitig auch Deine Schulkameraden, mit denen Du viel Zeit verbringst. Du musst gleichzeitig eben auch die Schule machen und Deine Leistungen da bringen und beides unter einen Hut zu bringen ist nicht immer so leicht, gerade wenn Du am Wochenende ein Spiel hast und dann vielleicht montags einen Test oder in der Woche ein Examen. Insgesamt ist das einfach eine unglaublich intensive Zeit.
Wie schwierig ist der Umstellung vom College auf die Tour? Dominik Köpfer ist ja zum Beispiel auch diesen Weg gegangen. Während andere schon mit 18 von Challenger Turnier zu Challenger Turnier fliegen, kommt Ihr mit Mitte zwanzig aus einem Team, in dem Ihr die Stars wart, fangt wieder bei null an und müsst unter Umständen erstmal Futures spielen. Ist so ein Rückschritt nicht schwer zu verdauen?
Man spielt ja auch in der College-Zeit in den Sommerferien in Europa Futures und Bundesliga oder 2. Liga. Also natürlich kann man in den Sommerferien auch frei machen, aber ich hab da immer schon versucht Profiturniere zu spielen und musste nicht wieder komplett bei null anfangen. Nach dem College muss man sich tatsächlich erstmal hochspielen, aber ich hab das nicht so als Rückschritt gesehen. Ich hab das eher als sehr positives Gefühl empfunden in dem Sinne, dass jetzt die Profikarriere losgeht. Ich hab dann zwar ne Weile gebraucht, aber ich war auch schon 24 und hatte die ganzen College-Erfahrungen und das hat es mir vielleicht ermöglicht, doch etwas schneller durchzukommen als der ein oder andere 18-Jährige.
Von einer kleinen Delle 2019 abgesehen führte Dein Weg seit Deiner Rückkehr aus Amerika stetig nach oben. Du bist jetzt in einem Abschnitt Deiner Karriere, in dem viele Spieler ihr bestes Tennis spielen. Was möchtest Du in der nächsten Zeit –außer der sicher fest anvisierten Rückkehr in die Top 100– erreichen?
Durch die College-Zeit bin ja erst recht spät auf die Tour gekommen und so gesehen noch ein wenig jünger als andere Spieler. Insofern denke ich schon, dass ich noch ein paar sehr gute Jahre vor mir habe, insbesondere wenn ich verletzungsfrei bleibe. Die Top 100 sind natürlich ein Etappenziel, aber das ist eher nicht das, was mich motiviert, zumal ich diese Ziel ja auch schon mal erreicht habe. Ich sehe mich schon auch in den Top 50, weil ich denke, dass ich entsprechend gutes Tennis spielen kann und da möchte ich dann auch drauf hinarbeiten. Darüber hinaus will ich auf jeden Fall Davis Cup und Olympia spielen bzw. die Möglichkeit haben, mich dafür zu qualifizieren.
Du warst eigentlich auch im Doppel ganz gut unterwegs, hattest tolle Doppelpartner wie Kevin Krawietz, Dominik Köpfer und Tim Pütz, aber 2018/19 hast Du dann plötzlich anderthalb Jahre überhaupt kein Doppel gespielt. Wie kam es dazu und welchen Stellenwert hat das Doppel für Dich? Wirst Du auch für uns Doppelspiele bestreiten?
Ich spiele sehr gerne Doppel und wenn das klappt spiele ich auch auf jeden Fall die Doppelturniere auf der Tour, aber meine Priorität liegt ganz klar auf dem Einzel. In der Liga hoffe ich natürlich dann auch im Doppel zum Einsatz zu kommen.
Kommen wir Mal auf ein weniger erfreuliches Thema: Corona. Du gehörtest im Sommer auch zu den Menschen, die eine Infektion durchmachen mussten. Wie hast Du die Corona-Zeit bisher erlebt? Von den Quarantäne-Geschichten bei den Slams geistert das ein oder andere durch die Medien, aber Du bist auch viel auf kleineren Turnieren unterwegs. Wie muss man sich das vorstellen, Challenger Turniere 2020 in Italien zum Beispiel?
Ich war davon ganz blöd betroffen und war direkt vor meinem Lieblingsturnier in Gstaad infiziert. Kitzbühel konnte ich dementsprechend auch nicht spielen. Ich war auch zwei, drei Tage ziemlich krank mit den klassischen Symptomen: Gliederschmerzen, Kopfweh, Fieber, Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns. Nach einer Woche war bei mir glücklicherweise alles wieder in Ordnung.
Aus rein persönlicher Sicht war die Corona-Zeit am Anfang für mich echt in Ordnung. Als Tennis-Profi kommt man sonst nie so zum Stillstand, kann zuhause sein, Zeit mit der Familie verbringen. Dieses Zur-Ruhe-Kommen war für mich eigentlich eine glückliche Erfahrung, das hat man sonst nicht. Insgesamt ist es aber natürlich keine Situation, die man als glücklich beschreiben möchte, wenn dafür eine Pandemie im Umlauf ist.
Was die Tour angeht, als es dann wieder losging waren die Corona-Richtlinien schon recht gut organisiert. Das schwankt natürlich auch ein wenig von Turnier zu Turnier und wenn Du bei einem kleinen Challenger bist gibt es weniger Personal und es ist vielleicht nicht alles ganz so strikt. Im Großen und Ganze haben die Turnier da echt einen guten Job gemacht und ich bin froh, dass sie möglich gemacht haben, dass es da schon nach ein paar Monaten wieder losgehen konnte.
Du hast mal gesagt, Du seist eigentlich kein Fan davon, wie der komplette Pro Circuit von einem Turnier zum nächsten jettet. Wie gehst Du mit dieser Haltung um? Kommt es vor, dass Du Dich bewusst gegen ein 250er in China oder Singapur entscheidest, weil Du es nicht richtig findest für ein kleines Turnier so weit zu fliegen oder kann man sich solche Entscheidungen als Profi nicht leisten?
Das ist natürlich nicht ideal, aber Du hast es als Tennis-Profi zumindest in der eigenen Hand. Du triffst die Entscheidung, ob Du den Turnierkalender so spielst wie er ist. Da muss man für sich die besten Entscheidungen zu treffen, aber ich versuche schon unnötige Reisen zu vermeiden. Für mich geht es dabei auch darum, nicht unnötig in Jetlag-Situationen zu kommen, aber dass ich mich bewusst gegen ein Turnier entscheide, weil es zu weit weg ist, ist die Ausnahme.
Als Tennis-Profi musst Du zusehen, dass Du Dein Ranking hältst oder sogar verbesserst, das ist Teil des Berufs und klar versuche ich das auch. Ich bemühe mich aber einfach insgesamt, die Trips so zu planen, dass so etwas nicht nötig ist, nicht auf Teufel komm raus um die Welt zu fliegen, auch wenn das mit dem Tenniskalender nicht immer einfach ist. Ich würde mir da wünschen, dass der Kalender ein wenig angepasst wird, dass man vielleicht im Januar in Australien und Südostasien spielt, dann geht’s nach Europa oder Südamerika und auf die Weise versucht man es so zu strukturieren, dass weniger hin- und her geflogen wird, aber ich glaube, das ist schwierig umzusetzen.
Schlagen wir nochmal den Bogen zu Deiner Auslandserfahrung. In Deutschland gibt es derzeit keinen einzigen Top 1000 Spieler unter 21. Was läuft in der Entwicklung junger Talente in Deutschland derzeit nicht so gut und was können wir uns von anderen Ländern abschauen?
Ich kann da leider nicht ganz so viel zu sagen. Ich bin nicht so oft in Akademien, dass ich die Entwicklung junger Spieler beobachten könnte. Was ich schon beurteilen kann ist, dass es in Deutschland vergleichsweise wenig Turniere gerade auf Challenger Ebene gibt. In Italien gibt es fast jede Woche ein Turnier, bei dem die jungen Spieler Chancen bekommen. Das fehlt bei uns ein wenig und mit mehr Chancen wär für die jungen Spieler vielleicht auch ein wenig mehr möglich. Sonst weiß ich nicht, was in den Verbänden oder so falsch laufen könnte, da bin ich zu weit weg von. Bei uns in der Base in Oberhaching haben wir aber zum Beispiel eine gute Gruppe Jugendliche und ich denke die finden da sehr gute Bedingungen vor und werden hoffentlich auch ihren Weg machen.
Danke für das Interview Yannick!

 

Statistik

Geb.-Datum: 13.11.1991
Geb.-Ort: Karlsruhe
Nationalität: Deutsch
Größe: 1,93 m
Spielhand: Rechts
Profi seit 2015
ATP Rang: 111
ATP Beste: 85

Einzeltitel: 6 Challenger
Doppeltitel: 2 Challenger

Im Team seit 2022

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